Was ist Reinstwasser?


Destilliertes Wasser, demineralisiertes Wasser, deionisiertes Wasser oder Reinstwasser – sie alle haben eines gemeinsam. Obwohl sie wie normales Wasser aussehen, befinden sich in ihnen sehr wenig bis gar keine Fremdstoffe oder Verschmutzungen mehr. Fremdstoffe sind beispielsweise Mineralien wie Magnesium, Kalzium, Natrium oder Fluorid. Herkömmliches Wasser, wie es in der Natur vorkommt, ist nie ganz "rein" und weist immer einen Anteil an Mineralien und Salzen auf.

Durch wiederholte Filterung und spezielle Verfahren werden dem Wasser sämtliche Verschmutzungen und Fremdstoffe entzogen, bis es rein ist und nur noch aus Wasser und Sauerstoff besteht.

Der Unterschied von Reinstwasser zu destilliertem oder demineralisiertem Wasser besteht darin, dass Reinstwasser eine geringere elektrische Leitfähigkeit hat. Diese Leitfähigkeit hängt mit der Reinheit des Wassers zusammen. Je reiner das Wasser ist, desto geringer die elektrische Leitfähigkeit. Die elektrische Leitfähigkeit ist ein wichtiger Maßstab in Bezug auf die Nutzung des Wassers. Spezielle Vorschriften gelten für die Anwendung von Reinstwasser in der Industrie.

Herstellung von Reinstwasser

Um dem Wasser alle herkömmlichen Stoffe zu entziehen, ist eine intensive Behandlung nötig.

Bei einer Destillation wird das Wasser erhitzt, bis es verdampft. Der Wasserdampf kondensiert und wird aufgefangen, Mikroorganismen, Salze und weitere Fremdstoffe bleiben zurück. Einige flüchtige Stoffe wie beispielsweise Alkohole verdampfen jedoch zusammen mit dem Wasser und gelangen über den Dampf auch in das destillierte Wasser. Das Verfahren der Destillation ist aufwendig und energieintensiv.

Mehrfachdestillationen erzielen ein reineres Wasserergebnis, sie führen jedoch noch nicht zum gewünschten Reinstwasser. Besondere Reinigungsmethoden müssen durchgeführt werden, um alle gelösten Stoffe aus dem Wasser herauszufiltern.

Bei der Herstellung von Reinstwasser werden hauptsächlich zwei Verfahren genutzt. Zum einen ist es die Membranfiltration und zum anderen der Ionentausch. Bei der Membranfiltration wird zwischen der Umkehrosmose und der Ultrafiltration unterschieden. Die Umkehrosmose ist das am häufigsten angewandte Verfahren.

Die Investitionskosten der Membranfiltration sind hoch, da der Aufwand relativ groß ist. Die Betriebs- und Verschleißkosten sind im Vergleich jedoch gering. Das Wasser wird speziellen semipermeable Membranen zugeführt, an denen die im Wasser gelösten Stoffe wie Mineralien und Salze "hängenbleiben". Durch die Membran gelangt nur das reine Wasser.

Beim Ionentausch läuft das Wasser durch spezielles Ionentauschgranulat. Dieses bindet die im Wasser gelösten Stoffe und entzieht ihm sämtliche Mineralien und Salze. Der Ionentauscher liefert hochwertiges Reinstwasser trotz geringer Gerätekosten. Die Demineralisation oder Deionisierung sind weitere Begriffe für den Ionenaustausch.

Oft wird die Herstellung von Reinstwasser mit weiteren Verfahren kombiniert, um ein optimales Ergebnis zu erzielen. Diese Verfahren sind unter anderem Photooxidation, Entgasungsverfahren, UV-Entkeimung oder elektrochemische Deionisation.

Reinstwasser selber herstellen

Gerätschaften zur Herstellung von Reinstwasser gehören nicht umsonst zur Standardausrüstung jedes Labors. Wer Reinstwasser regelmäßig braucht, stellt es am sinnvollsten selber her. Es ist nicht nur praktischer, sondern weitaus kostengünstiger!

Je nach Anlage, Nutzung und Höhe der Kosten stehen verschiedene Systeme zur Auswahl. Die einfachsten Systeme sind spezielle Filtergeräte, die schnell an den Wasserhahn angeschlossen werden können. Sie enthalten austauschbares Filtergranulat und bestehen oft aus einer Kombination von Umkehrosmose und Ionentauscher.

Größere industrielle Anlagen mit höheren Standards können auf komplexere Systeme zurückgreifen. Sie beinhalten meist eine Vorbehandlung, eine Umkehrosmose, ein Ionentauscher und eine UV-Behandlung. Diese Systeme werden den hohen Anforderungen gerecht und garantieren eine konstante Qualität.

Verwendungsmöglichkeiten von Reinstwasser

Reinstwasser findet vor allem in der Pharmaindustrie Anwendung. Es wird für die Sterilisation im Labor, die Herstellung von Medikamenten und Injektionsflüssigkeiten und die medizinische Forschung genutzt.

Auch in der Halbleiterindustrie ist Reinstwasser ein wichtiger Bestandteil. Es ist perfekt für die Reinigung und Herstellung von empfindlicher Elektronik wie beispielsweise Computerchips. Diese sind so winzig, dass ein einzelnes Staubkorn schon erheblichen Schaden anrichten könnte.

Wie bereits erwähnt gilt die elektrische Leitfähigkeit des Wassers als Maßstab für die Anwendungsmöglichkeiten in den verschiedenen industriellen Bereichen. Meist ist die elektrische Leitfähigkeit von destilliertem Wasser zu hoch für diese sensiblen Arbeitsbereiche.

Da sich im Reinstwasser keine gelösten Salze und Mineralien mehr befinden, hat es eine sehr hohe Lösungsfähigkeit. Dies wird vor allem in der Biologie und Chemie geschätzt.

Außerdem wird Reinstwasser als Speisewasser für Dampferzeuger in Kraftwerken benutzt.

Reines Wasser – auch zum Trinken?

Da es so unglaublich rein ist, kommt oft die Frage auf, ob destilliertes Wasser oder Reinstwasser trinkbar ist. Viele Menschen fürchten sich vor Verunreinigungen im Leitungswasser oder schwören auf destilliertes Wasser als Wundermittel zur Entschlackung. Andere wiederum raten davon ab und bezeichnen es sogar als lebensgefährlich.

Theoretisch betrachtet kann der Konsum von reinem Wasser gefährlich sein. Die Zellmembranen der Körperzellen sind halbdurchlässig. Außer Wassermolekülen lassen sie keine Salz- oder Zuckermoleküle hindurch. Ein gewisser Anteil an Salzen und Mineralien sind von Natur aus im Körper vorhanden. Wird dem Körper nun salz- und mineralarmes Wasser zugeführt, entsteht ein Ungleichgewicht. Ist diese Differenz irgendwann zu groß, tritt der "osmotische Effekt" in Kraft. Die Zellen versuchen, das Gleichgewicht im Körper wiederherzustellen, in dem sie vermehrt Wasser in den Zellen sammeln. Die Salz- und Zuckermoleküle können nicht entweichen und die Gefahr besteht, dass die Zellen platzen.

Um diese lebensgefährliche Situation hervorzurufen, müsste man sich allerdings an einen Tropf hängen oder unrealistisch große Mengen Reinstwasser trinken. Tatsache ist, dass Wasser beim Kontakt mit den Schleimhäuten in Mund und Magen sofort mit Mineralstoffen und Salzen in Berührung kommt. Zusätzlich werden diese aus der Nahrung aufgenommen. Ein einmaliger Genuss ist weniger folgenschwer, da die Zellen damit nicht in Berührung kommen.

Auf Dauer und in großen Mengen sollte auf den Konsum von Reinstwasser verzichtet werden. Es enthält keinerlei lebenswichtigen Mineralstoffe. Außerdem besitzt es eine leicht negative Ladung, die positiv geladene Metalle und Mineralien anzieht. Der Körper würde körpereigene Mineralien verlieren, die lebensnotwendig sind. Wer sich dann noch zusätzlich einseitig ernährt, bringt seinen Elektrolythaushalt ganz schnell aus dem Gleichgewicht.

Außerdem schmeckt Reinstwasser recht ungewöhnlich. Die Mineralstoffe im Trinkwasser geben ihm erst seinen angenehmen Geschmack.

(Übrigens gilt der osmotische Effekt auch für Blutzellen. Darum sollte Reinstwasser nie in die Blutbahn gelangen!)

Artikel vom 06.03.2020