Umkehrosmose - so funktioniert sie

Bei der Umkehrosmose handelt es sich um einen physikalischen Prozess, mit dessen Hilfe zum Beispiel Abwässer durch eine fast vollständige Wasseraufbereitung weitgehend vermieden werden können. Daher stand und steht diese Methode auch im Fokus des Interesses von Militär und Raumfahrt. Zu trennen sind also bei der Umkehrosmose die Schmutzpartikel vom Wasser. Eine Konsequenz aus dem Naturgesetz der Entropiezunahme ist der natürliche, osmotische Ausgleich von Konzentrationsunterschieden in Gasen und Flüssigkeiten.

Wenn man Warmluft in eine Raumecke verfrachtet hat, dauert es nicht lange, bis sich wie von Geisterhand in dem gesamten Raum eine konstante Durchschnittstemperatur eingeregelt hat. Umgekehrt wird dieser Prozess aber niemals ablaufen. Auch nach einer Milliarde Jahren wird die Luft in einer Raumecke nicht einfach wärmer werden als anderswo. Dass beispielsweise warme Heizungsluft aufgrund ihrer geringeren Dichte an die Zimmerdecke strebt, ist hier nicht gemeint, denn dazu muss dem geschlossenen System Energie von außen zugeführt werden. Mit der Entropiezunahme ist das generelle Bestreben zu maximaler Unordnung beziehungsweise Gleichverteilung gemeint. Wir brauchen also unsere Kinder nicht schelten, da sie offenbar nur dem Naturgesetz Folge leisten.

So streben die Moleküle in einer Flüssigkeit mit Blick auf ihre Konzentration stets eine „osmotische“ Gleichverteilung an. Die Umkehrosmose macht genau diesen Vorgang rückgängig, braucht aber dafür etwas Energie. Auf diese Weise können unterschiedliche Teilchenarten voneinander getrennt werden, wobei diese Form der Ordnung zum Beispiel für Reinigungsprozesse ausgenutzt werden kann. Der diesbezügliche Wirkungsgrad ist unter Einsatz der Umkehrosmose deutlich größer als ein üblicher Feinfilter.

Entwicklung der Umkehrosmose

Seit Anbeginn der Zeit, zumindest seit unser Planet von Leben besiedelt ist, spielen Osmose-Vorgänge eine sehr wichtige Rolle. Aber erst seit gut 200 Jahren beschäftigen sich die Menschen mit der Beforschung der Osmose. Der Professor für Experimentalphysik Jean-Antoine Nollet, der am Pariser Collège de Navarre arbeitete und lehrte, beschrieb 1748 folgendes Experiment: Ein Zylinder ist mit Weingeist angefüllt und durch eine gesäuberte, entfettete Schweinsblase verschlossen. Der Zylinder wird senkrecht in ein Wasserbecken getaucht. Innerhalb von wenigen Stunden ist so viel Wasser von außen in den Zylinder eingeströmt, dass sich die Schweinsblase stark nach außen wölbte. Die Blase war nur für Wasser durchlässig, nicht aber für den Alkohol, der aufgrund seiner hydrophilen Eigenschaft das Wasser angezogen hatte. Was Nollet damit „erfunden“ hatte, war die semipermeable Membrane.

Aber erst in den 1950er Jahren erkannte der Wissenschaftler Srinivasa Sourirajan von der Universität Kalifornien die Möglichkeiten der Umkehrosmose. Erkennend, dass die Umkehrosmose möglicherweise der Schlüssel zur kostengünstigen Meerwasserentsalzung ist, installierte die US-Regierung ein umfangreiches Forschungsprogramm zu dem gesamten Themenfeld. Innerhalb von acht Jahren Forschung entwickelte sich mit einem Budget von nur 33 Millionen US-Dollar die moderne Wasseraufbereitungstechnik.

Inzwischen ist das Verfahren der Umkehrosmose aus der

  • Lebensmittelindustrie,
  • Metall- und Glasproduktion,
  • Herstellung von Computerplatinen,
  • Pharmazeutik oder
  • Druckindustrie

nicht mehr wegzudenken. Überall dort, wo Wasser in höchster Reinheit gebraucht wird, sorgen Umkehrosmose-Verfahren für die Umsetzung der Anforderungen. Osmose-Wasser wird beispielsweise in Dialysegeräten für die Blutreinigung benötigt. Ohne Trinkwasseraufbereitung auf der Grundlage der Osmose-Technik wäre bemannte Raumfahrt gar nicht möglich, siehe dazu auch:

Wie funktioniert die Umkehrosmose?

Funktionsprinzip der Umkehrosmose

Die Umkehrosmose wird auch als Reversosmose (weitere Bezeichnung sind auch Hyperfiltration (HF) und im englischen reverse osmosis (RO)) bezeichnet. Es handelt sich dabei um ein physikalisches Verfahren, um Stoffe, die in einer Flüssigkeit gelöst sind, aufzukonzentrieren. Dabei wird der natürlich ablaufende Osmose-Prozess mithilfe von Druck umgekehrt. Zur Verfügung stehen zwei Medien (Flüssigkeiten), die voneinander durch eine semipermeable (halbdurchlässige) Membrane getrennt sind. Die in der Flüssigkeit gelösten Stoffe sollen dazu veranlasst werden, durch die Membrane hindurch in den gewünschten Halbraum zu strömen, sodass die Konzentration des Stoffes auf der einen Seite auf Kosten der anderen Seite immer weiter ansteigt. Um dies zu bewerkstelligen, muss ein Druck aufgebaut werden, der größer ist als das natürliche Bestreben des osmotischen Konzentrationsausgleichs. Nur so werden die gelösten Moleküle dazu veranlasst, entgegen ihrer natürlichen, osmotischen Ausbreitungsrichtung zu wandern.

Bei Trinkwasser beträgt der osmotische Druck knapp 2 bar. Um die Umkehrosmose in Gang zu bringen, werden je nach Art der Membrane und Anlage Drücke von 3 bis 30 bar aufgewendet. Bei der Meerwasserentsalzung sind sogar Drücke zwischen 60 und 80 bar notwendig, weil Meerwasser schon von Haus aus unter einem osmotischen Druck von 30 bar steht. Das extrem salzreiche Tote Meer ist von einem osmotischen Druck um 350 bar gekennzeichnet. Es gibt Anwendungen, beispielsweise das Aufkonzentrieren von Deponiesickerwässern, bei denen noch deutlich höhere Drücke erforderlich sind.

Deshalb kann ein Problem darin bestehen, dass die osmotische Membran gegebenenfalls zu empfindlich ist, solch hohem Druck standzuhalten. Ihre Aufgabe ist es, die Trägerflüssigkeit (Solvent) durchzulassen und gleichzeitig die darin gelösten Stoffe (Solute) zurückzuhalten. Anders als ein klassischer Membranfilter, der aus Poren bestimmter Maschenweite aufgebaut ist, „diffundieren“ die Ionen oder Moleküle durch eine Osmose-Membrane hindurch. Dieser Vorgang wird physikalisch mit dem sogenannten „Lösungs-Diffusions-Modell“ gut beschrieben.

Je größer ein Konzentrationsunterschied ist, desto stärker ist der osmotische Druck beziehungsweise Gradient, der einen Ausgleich herstellen möchte. Letzterer kommt dann zum Stillstand, wenn der von außen angelegte Druck gleich dem osmotischen Druck ist, was als eine Gleichgewichtsbedingung aufgefasst werden kann. Durch einen gezielten Abfluss des Konzentrats lässt sich aber das osmotische Gleichgewicht verhindern. Der Druck wird entweder per Druckregler kontrolliert oder man nutzt den sich aufbauenden Druck dafür, den erforderlichen Druck im Bereich des Zulaufs des Systems mithilfe eines Druckaustauschers zu erreichen. Durch Energierückgewinnungsmaßnahmen können im Falle eines Druckaustauschers die Betriebskosten der Umkehrosmose-Anlage erheblich gesenkt werden. Bei Trinkwasser beträgt der Energieaufwand vier bis neun Kilowattstunden pro Kubikmeter.

Gerade bei der Reinigung von Wasser besteht die Gefahr, dass die Solute mit der Zeit die Membrane verstopfen. Dem lässt sich durch die Zugabe einer Säure oder eines Antibelagmittels (englisch: antiscaling) entgegenwirken. Bei solchen Antibelagmitteln handelt es sich meistens um polymere Verbindungen auf Malein- oder Phosphorsäurebasis. Ihre Aufgabe ist es, sich bildende Kristallite zu umschließen, wodurch verhindert wird, dass auf der Membrane überhaupt kristalline Ausfällungen entstehen können. Dennoch ist in den meisten Fällen eine regelmäßige, fachgerechte Reinigung der Membrane geboten. Durch vorgeschaltete Filter lassen sich Beschädigungen der Membrane vermeiden. Mechanisch verursachte Schäden können weitestgehend mithilfe eines Feinfilters verhindert werden, chemische Angriffe beispielsweise durch Chlor werden mit einem Aktivkohlefilter abgewendet.

Im Rahmen der Meerwasseraufbereitung kommt es zusätzlich immer wieder zu biologischen Verunreinigungen. In solchen Fällen kommen Biozide, meistens auf Brombasis, zum Einsatz, um die sich bildenden Biofilme zu beseitigen. Chlor wird heute weniger zur Desinfektion eingesetzt, weil die Membranen oftmals sehr empfindlich auf Chlor reagieren.

Im nachfolgenden Werbevideo wird das Prinzip der Umkehrosmosen noch einmal am Ultimate PLUS Umkehrosmose Wasserfilter vorgestellt:

Vorteile und Nachteile der Umkehrosmose

Nachfolgend werden noch einmal kurz und knapp die Vorteile und Nachteile der Umkehrosmose aufgeführt.

Vorteile

  • Nahezu reines Wasser
  • Kein Transport von vergleichbaren Wasser, da es selbst hergestellt werden kann

Nachteile

  • (Teilweise je nach Druck) zusätzliche Energie nötig
  • Abwasser

Weitere Anwendungsbereiche der Umkehrosmose

  • Raumfahrt und Militär
    Für das Militär ist es wichtig, mobile Anlagen zur Verfügung zu haben, mit deren Hilfe Trinkwasser aus allen möglichen Wasserquellen gewonnen werden kann. Dazu bietet sich das Prinzip der Umkehrosmose an (englisch: „reverse osmosis water purification unit“). Derartige ROWPU sind dann oftmals in Containern oder auch in Anhängern installiert. Das Wasser wird jedenfalls von der Quelle in die Anlage gepumpt. Darin wird es mit einem Polymer vorbehandelt. Danach geht das Wasser durch einen Filter, der zugleich als Ionentauscher fungiert. Im Anschluss fließt das Wasser durch einen spiralförmigen Baumwollfilter, in dem sämtliche Teilchen größer als fünf Mikrometer hängen bleiben. Erst danach kommen mehrere Gefäße zum Einsatz, in denen die eigentliche Umkehrosmose stattfindet. Im letzten Schritt wird das Wasser noch mit Chlor versetzt. Im Auftrag der NASA entwickelte man Verfahren auf der Grundlage der Umkehrosmose, um Trinkwasser sogar aus dem Urin der Astronauten zurückzugewinnen.

  • Trinkwasseraufbereitung
    Das Prinzip der Umkehrosmose ist bereits in vielen Trinkwasser-Aufbereitungsanlagen als wichtiger Zwischenschritt umgesetzt. In Abhängigkeit von der Qualität des anströmenden Wassers arbeiten diese Anlagen mit verschiedenen Kombinationen von Aktivkohlefiltern und Umkehrosmose-Filtern, in einigen Fällen wird zusätzlich energiereiches, ultraviolettes Licht zur Bekämpfung von Mikroben eingesetzt. Manche dieser Systeme verwenden eine Art Vorstufe eines Aktivkohlefilters, indem hier eine Zellulose-Acetat-Membrane zur Anwendung kommt. Der nachgeschaltete Aktivkohlefilter eliminiert schließlich das zugesetzte Chlor.

    Bei den mobilen Aufbereitungsanlagen für den persönlichen Gebrauch ist mindestens ein Leitungsdruck von 280 kPa erforderlich. Diese Anlagen findet man oft in ländlichen Regionen, wo es noch keine Zuleitung sauberen Trinkwassers gibt. Als weitere Einsatzmöglichkeit dieser Anlagen bietet sich die Produktion von Trinkwasser auf hoher See an und natürlich in den vielen Ländern, die leider für ihr verunreinigtes Leitungswasser bekannt sind.

    Auch bei der Produktion von Mineralwässern kommt die Umkehrosmose zum Einsatz, um Verunreinigungen sowie Mikroorganismen ausschließen zu können. In solchen Anlagen sind sogenannte Keimsperren der Osmose-Membrane vorgeschaltet. In der EU liegen die Sicherheitshürden allerdings etwas höher, da erkannt worden ist, dass einige Mikroorganismen die Filter der Umkehrosmose-Anlagen wegen vereinzelter größerer Poren oder kleiner Risse doch überwinden können. Aus diesem Grunde sind bei bestimmten Anlagetypen weitere Reinigungsstufen wie ultraviolettes Licht, Sterilfilter oder eine Ozonbehandlung vorgeschrieben.

  • Aufbereitung von Brauchwasser
    Sogenanntes Boilerwasser aus Kraftwerken muss ständig von Mineralstoffen befreit werden, dazu eignet sich ebenfalls die Umkehrosmose. Immer dort, wo Wasser verdampft und es dadurch zu Verkalkungen kommen kann, ist die Umkehrosmose das Verfahren der Wahl. Außerdem wird die Umkehrosmose häufig auf vorgereinigtes Brackwasser angewandt. Wasser für Aquarien und jegliche Art von demineralisiertem Wasser sind ohne Umkehrosmose heute kaum noch denkbar.

  • Weitere Einsatzgebiete der Umkehrosmose
    Es gibt viele Anwendungen, bei denen in einer Lösung die Erhöhung einer Konzentration gelöster Stoffe erreicht werden soll, so zum Beispiel zur Verdichtung von Most bei der Weinherstellung oder bei Fruchtsaftkonzentraten. Alkoholfreie Biere, Milchkonzentrate oder Proteinpulver, all diese Produkte bedienen sich heute der Umkehrosmose.

Quellen und Verweise

Artikel vom 28.12.2018